Die Hyperventilation beschreibt einen Zustand der sehr tiefen und beschleunigten Atmung. Was bei gesunden Menschen meist aus Angst, Wut oder Panik heraus entsteht, kann beim Diabetiker auf eine ernstzunehmende Überzuckerung hindeuten. Die sogenannte Kussmaul-Atmung gilt als ein Hinweis auf eine diabetische Ketoazidose bei absolutem Insulinmangel, der umgehend behandelt werden muss.
Das Wichtigste auf einen Blick:
- Die Hyperventilation beschreibt eine schnelle und tiefe Atmung mit einer vermehrten Sauerstoffaufnahme.
- Bei Diabetikern kann die Kussmaul-Atmung mit typischem Azetongeruch auf einen Insulinmangel mit einer Übersäuerung des Blutes hinweisen.
- Durch den Insulinmangel baut der Körper Fettzellen ab und es entsteht Ketonsäure als Abbauprodukt, wodurch der pH-Wert des Blutes auf unter 7,35 sinkt.
Die diabetische Ketoazidose muss intensivmedizinisch behandelt werden, um den pH-Wert des Blutes zu normalisieren und dem Körper das fehlende Insulin zu verabreichen.
Beschleunigte Atmung: Was passiert bei der Hyperventilation?
Die Atmung ist ein komplexes Zusammenspiel der Muskeln im Oberkörper und wird von den Nervenzellen im Gehirn und an der Wirbelsäule automatisch reguliert. Der lebenswichtige Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid ist demnach eine autonome Grundfunktion des menschlichen Körpers und zeitweise willentlich beeinflussbar, zum Beispiel durch ein bewusst tiefes und langsames Einatmen. Die Hyperventilation beschreibt eine übermäßige („hyper“) Belüftung („ventilation“) der Lunge und ist durch sehr schnelles Ein- und Ausatmen gekennzeichnet. Menschen können in ungeahnten Situationen, beispielsweise aus Angst, Wut oder Panik, plötzlich zu hyperventilieren beginnen.
Die automatische Atmung stoppt, der Körper erhält zu viel Sauerstoff und der pH-Wert des Blutes verschiebt sich in den alkalischen Bereich. Erst wenn sich der Kohlendioxidgehalt normalisiert, kann das Atemzentrum seine Funktion wiederaufnehmen. Schnelle Abhilfe bietet das Einatmen in eine Tüte, um das Blut mit Kohlendioxid anzureichern.
Folgende Begleitsymptome sind für die Hyperventilation charakteristisch:
- Herzrasen
- Zittern
- Sehstörungen
- Kribbeln in den Gliedmaßen
- Schwindel
- Engegefühl im Brustbereich
- Luftnot
- Verkrampfung im Mundbereich
Auch wenn die Hyperventilation von Betroffenen als sehr bedrohlich empfunden wird, ist die gesteigerte Atmung aus einer Situation oder einem Gefühl heraus nicht gefährlich. Bei Menschen mit Diabetes kann es jedoch auf eine Übersäuerung des Blutes (Azidose) hindeuten. Eine diabetische Ketoazidose tritt bei einer schwerwiegenden Stoffwechselentgleisung durch einen absoluten Insulinmangel auf und muss umgehend intensivmedizinisch behandelt werden. Das pathologische Atemmuster wird auch als Kussmaul-Atmung bezeichnet.
Die diabetische Ketoazidose
Zucker wird mithilfe des körpereigenen Insulins über das Blut in die Körperzellen transportiert. Bei Diabetikern ist die Produktion des lebenswichtigen Hormons gestört. Besonders Typ-1-Diabetiker sind ihr Leben lang auf eine Insulintherapie angewiesen. Die diabetische Ketoazidose ist eine Form der metabolischen Azidose, tritt am häufigsten bei Patienten mit Diabetes Typ 1 auf und kann von einer leichten Stoffwechselentgleisung durch Insulinmangel bis hin zu einer schwerwiegenden Ketoazidose mit diabetischem Koma reichen.
Durch die Unterbrechung einer Insulintherapie, fieberhafte Infekte oder falsche Arzneimittel kann ein Insulinmangel mit einem hohen Blutzuckerwert vorliegen. Da dem Körper durch das fehlende Insulin Glukose nicht mehr als Energiequelle zur Verfügung steht, sucht er sich als Alternative die bestehenden Fettzellen. Als Abbauprodukt dieser Fettzellen entsteht Ketonsäure, das normalerweise über den Urin als Azeton wieder ausgeschieden wird. Aufgrund des Insulinmangels wird jedoch mehr Ketonsäure produziert, als der Körper ausscheiden kann. Die Folge: Das Blut übersäuert. Mit einer schnellen Atmung, der Hyperventilation, versucht der Organismus die überschüssige Säure abzubauen.
Kussmaul-Atmung bei diabetischer Ketoazidose: Symptome und Ursachen
Die Kussmaul-Atmung wurde nach dem deutschen Biologen und Internisten Adolf Kussmaul benannt, dem diese Atemstörung erstmals 1874 bei seinen Patienten auffiel. Sie wird auch als Azidose-Atmung oder Azidose-Ausgleichsatmung bezeichnet. Es kommt dabei zur Hyperventilation, die durch eine sehr schnelle, tiefe Atmung und eine verstärkte Sauerstoffaufnahme gekennzeichnet ist. Aufgrund des Insulinmangels und des Abbaus der Fettzellen sinkt der pH-Wert des Blutes auf 7,35. Der physiologische pH-Wert des arteriellen Blutes beim Menschen liegt im Normalfall zwischen 7,37 bis 7,45. Eindeutigen Aufschluss über eine Azidose gibt der typische Atemgeruch nach Azeton. Durch die Kussmaul-Atmung versucht der Körper dabei vermehrt Kohlendioxid auszustoßen, um den pH-Wert im Blut zu normalisieren.
Neben der Hyperventilation geben eine vergrößerte Leber sowie ein hoher Wert bei der Blutzuckermessung Aufschluss über eine vorliegende diabetische Ketoazidose. Begleitsymptome wie Herzrasen, Bewusstseinsstörungen und ein niedriger Blutdruck sind weitere Indizien für die Stoffwechselentgleisung. Tritt die Kussmaul-Atmung in Kombination mit Herz-Kreislauf-Beschwerden auf, sollten Sie einen Notarzt alarmieren oder sich umgehend in eine Klinik begeben. Dort wird Ihnen Insulin verabreicht und dafür gesorgt, dass sich der pH-Wert Ihres Blutes normalisiert.