Menschen, die an einer chronischen Stoffwechselstörung leiden, sind in ihrer Lebensführung oft stark eingeschränkt. Daher ist es möglich, den Diabetes als Schwerbehinderung anerkennen zu lassen. Ab wann Diabetiker als schwerbehindert gelten, was sie für die Antragstellung benötigen und wer den Grad der Behinderung feststellt, erklären wir Ihnen hier.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Diabetiker sind je nach Therapieaufwand in ihrer Lebensführung stark beeinträchtigt und können deshalb den Diabetes als Schwerbehinderung anerkennen lassen.
- Der Antrag ist beim zuständigen Versorgungsamt einzureichen, er enthält unter anderem persönliche Angaben und entsprechende medizinische Gutachten und Berichte.
- Wird ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 anerkannt, gilt ein Mensch als schwerbehindert und hat Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis.
- Schwerbehinderte erhalten einen sogenannten Nachteilsausgleich, der mit zahlreichen Sonder- und Zusatzleistungen verbunden ist.
Der Grad der Behinderung bei Diabetes
Die Behinderung eines Menschen wird nicht nur anhand von körperlichen Merkmalen definiert. Auch chronische Erkrankungen oder psychische Störungen gelten als Behinderung. Nach dem Sozialgesetzbuch (§ 2 SGB IX) gilt ein Mensch dann als behindert, wenn körperliche, geistige und seelische Beeinträchtigungen vorliegen und in Wechselwirkung miteinander stehen. Wenn dabei die gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft länger als sechs Monate nicht gegeben ist, besteht der Anspruch auf Anerkennung einer Behinderung.
Während bei einigen Diabetikern eine konsequente Ernährungsumstellung und viel Bewegung zu den gewünschten Blutzuckerwerten führen, benötigen andere eine lebenslange Insulintherapie. Ein instabiler Blutzuckerwert, die mehrmals tägliche Blutzuckermessung und die Verabreichung von Insulin bedeuten für viele Patienten einen erheblichen Einschnitt in der Lebensführung. Aus diesem Grund besteht die Möglichkeit, den Diabetes als Schwerbehinderung anerkennen zu lassen. Entscheidend ist dabei nicht, welcher Typ der Erkrankung vorliegt, sondern welcher Therapieaufwand betrieben wird und welche Beeinträchtigung vorliegt.
Für die Bewertung des GdB bei Diabetes spielen daher mehrere Faktoren eine Rolle. Zum einen müssen mindestens vier Insulininjektionen pro Tag verabreicht werden, deren Dosis Sie selbst anpassen. Des Weiteren muss daraus ersichtlich sein, dass Sie aufgrund der Krankheit und des Therapieaufwands in Ihrer Lebensqualität und Lebensführung stark beeinträchtigt sind. Der Grad der Behinderung bei Diabetes wird anhand dieser Kriterien festgestellt, er ist in Zehnerschritten von 0 bis 100 untergegliedert. Als schwerbehindert gilt ein Mensch dann, wenn er einen GdB von mindestens 50 erhält.
Wer stellt den Grad der Behinderung bei Diabetes fest?
Um den Grad der Behinderung bei Diabetes festlegen zu können, stellen Sie zunächst einen Antrag beim zuständigen Versorgungsamt Ihres Bezirks. Nähere Informationen zu den Kontaktdaten oder eventuell vorliegenden Online-Formularen erhalten Sie bei Ihrem Bürgeramt. Neben den Angaben zu Ihrer Person sind ärztliche Gutachten und Befunde, Berichte von Rehabilitationseinrichtungen und medizinische Unterlagen einzureichen. Eventuell wird eine ärztliche Untersuchung veranlasst. Zusätzlich müssen Dokumentationen von mindestens sechs Monaten der Insulintherapie vorliegen. Anhand dieser Dokumente ermitteln die Mitarbeiter des Versorgungsamtes den Behinderungsgrad. Liegen mehrere Beeinträchtigungen vor, wird der Behinderungsgrad in seiner Gesamtheit erfasst. Wird ein Wert von mindestens 50 anerkannt, können Sie einen Schwerbehindertenausweis beantragen.
Sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt oder Diabetologen. Er wird Ihnen bei der Antragstellung zur Seite stehen und Ihnen alle Fragen beantworten.
Was ein Schwerbehindertenausweis über Ihre Erkrankung aussagt
Neben dem Grad der Behinderung bei Diabetes stehen im Schwerbehindertenausweis spezielle Buchstaben, die sogenannten Merkzeichen, mit der die genaue Art der Behinderung benannt wird. Diabetiker erhalten in der Regel das Merkzeichen „G“ für „erheblich gehbehindert“. Insbesondere bei einem instabilen Blutzuckerspiegel mit häufigen hypoglykämischen Schocks wird von einer Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit ausgegangen. Kinder und Jugendliche erhalten zudem das Merkzeichen „H“ für „hilflos“.
Anerkennung einer Schwerbehinderung bei Diabetes
Eine Schwerbehinderung bei Diabetes anerkennen zu lassen, bringt viele Vorteile mit sich. Dieser sogenannte Nachteilsausgleich umfasst nicht nur einen speziellen Kündigungsschutz, mehr Urlaubstage und den Schutz vor Mehr- und Schichtarbeit, sondern er enthält auch zahlreiche Vergünstigungen und Sonderleistungen. So kann ein hoher steuerfreier Pauschalbetrag gewährt werden, eine vorzeitige Altersrente, vergünstigte Fahrten mit dem öffentlichen Nahverkehr und ermäßigte Eintrittspreise bei zahlreichen kulturellen Einrichtungen.
Es gibt allerdings auch Argumente, die gegen einen Schwerbehindertenausweis sprechen. Wer nicht mit beiden Beinen fest im Arbeitsleben steht und auf Jobsuche ist, kann aufgrund der Schwerbehinderung gegenüber den Mitbewerbern benachteiligt werden. Für viele Unternehmen ist die Anerkennung einer Schwerbehinderung ein K.O.-Kriterium.
Ebenso ist der Abschluss einer Krankenzusatzversicherung oder einer Lebensversicherung meist mit erheblichen Mehrkosten verbunden. Ein weiteres Argument gegen einen Schwerbehindertenausweis ist die emotionale Belastung. Besonders für junge Diabetiker ist der Alltag mit der Krankheit oft schwierig. Wird dann noch eine Schwerbehinderung anerkannt, fühlen sich viele Menschen stigmatisiert. Dies kann zu Minderwertigkeitskomplexen und anderen psychischen Störungen führen.
Aus diesen Gründen sollten Sie vor der Antragsstellung alle Aspekte, die für und gegen die Anerkennung einer Schwerbehinderung bei Diabetes sprechen, genauestens abwägen.