Glukagon, auch Glucagon genannt, ist ein Hormon zur Regulierung des Blutzuckerspiegels. Es sorgt dafür, dass der Blutzuckerspiegel steigt, und ist damit der Gegenspieler des Insulins. Die Wirkung von Glukagon und welche Rolle es in der Therapie von Diabetes mellitus Typ 2 spielt, erklären wir hier.
Das Wichtigste auf einen Blick:
- Im Glukosestoffwechsel agiert Glukagon als Insulin-Antagonist, da es den Blutzuckerspiegel ansteigen lässt.
- Wenn dem Körper nicht ausreichend Energie zur Verfügung steht, wandelt das Hormon das in den Zellen gespeicherte Glykogen wieder in Blutzucker um.
- Diabetiker können aus unterschiedlichen Gründen an einer Unterzuckerung leiden, etwa aufgrund einer zu hohen Insulindosis oder zu geringer Nahrungsaufnahme.
- Ein Glukagon-Notfallkit sollte daher jeder Diabetiker bei sich tragen, damit er den Blutzuckerspiegel schnell wieder erhöhen kann.
- Neue Therapiemöglichkeiten und -produkte wie Glukagon-Nasenspray oder die Stilllegung der Glukagon-Rezeptoren verdeutlichen, wie wichtig das Hormon in der Diabetes-Therapie ist.
Wo wird Glukagon gebildet und was bewirkt das Hormon?
Chemisch gesehen ist Glukagon ein Polypeptid aus 29 Aminosäuren. Es wird wie Insulin in den Langerhans’schen Inseln der Bauchspeicheldrüse gebildet. Bei einem Blutzuckerabfall, der Aufnahme proteinreicher Nahrung oder vermehrter körperlicher Belastung gelangt das Hormon in die Blutbahn und sorgt für einen Blutzuckeranstieg. Die Wirkung von Glukagon lässt sich vereinfacht folgendermaßen erklären:
Insulin senkt nach der Nahrungsaufnahme den Blutzuckerspiegel, indem es die Glukose in die Körperzellen transportiert. Bei einem Energieabfall oder einem erhöhten Energiebedarf muss der Körper jedoch schnell verfügbare Reserven bereitstellen. Die Hauptaufgabe des Hormons Glukagon besteht in der Erhöhung des Blutzuckerspiegels.
Das zuvor als Energiereserve in den Zellen gespeicherte Glykogen wird wieder in Glukose umgewandelt und steht den Zellen damit als Energielieferant zur Verfügung. Dieser „Reservezucker“ gelangt wieder in die Blutbahn, wodurch der Blutzuckerspiegel ansteigt.
Glukagon und Insulin stehen bei einem gesunden Menschen in einem Wechselspiel. Spezialisierte Zellen in der Bauchspeicheldrüse agieren wie ein natürliches Blutzuckermessgerät: Bei zu hohen Werten wird Insulin ausgeschüttet, bei zu niedrigen Werten Glukagon. Dieses Zusammenspiel wird durch einen komplizierten Regelmechanismus gesteuert, der im menschlichen Körper für einen konstanten Blutzuckerspiegel sorgt.
Glukagon in der Diabetes-Therapie
Im Rahmen einer Diabetes-Therapie kann es zu einer lebensbedrohlichen Unterzuckerung kommen. Die Insulingabe muss genau an den Tagesablauf und die Zusammensetzung der Mahlzeiten angepasst sein. Ist die Insulindosis oder der zeitliche Abstand zur nachfolgenden Mahlzeit zu groß, kann eine Unterzuckerung die Folge sein. Erste Symptome können mit etwas Traubenzucker behandelt werden.
Ein zu starker Blutzuckerabfall kann zu einer Hypoglykämie führen – einem extrem niedrigen Blutzuckerspiegel. Im schlimmsten Fall kommt es zu Bewusstlosigkeit und Krampfanfällen; es besteht die Gefahr, dass das Gehirn geschädigt wird. Der Blutzuckerspiegel muss daher umgehend erhöht werden. Menschen mit einer schweren Hypoglykämie sind zudem auf Fremdhelfer angewiesen. Mittels eines Hypokits erfolgt eine intramuskuläre Injektion von Glukagon, in der Regel in den Oberschenkel oder den Oberarm. Es ist daher unbedingt erforderlich, dass Diabetes-Patienten ein solches Notfallkit immer bei sich tragen.
Diese Notfallinjektion ist jedoch aus zwei Gründen nicht unproblematisch. Zum einen tragen viele Patienten das erforderliche Injektionskit nicht bei sich, zum anderen haben Ersthelfer häufig Hemmungen, die Spritze zu setzen – sofern es sich nicht um einen Arzt oder Rettungssanitäter handelt. Beides führt im Zweifel zu einer langdauernden Unterzuckerung mit hohen Folgerisiken. Daher ruhen die Hoffnungen auf einem neuen, nasal zu verabreichenden Glukagon-Präparat.
Das Nasenspray hat gegenüber der Injektion viele Vorteile: Es muss weder kühlt gelagert noch angemischt werden und eine Einzeldosis lässt sich problemlos mitführen. Selbst bei einer verstopften Nase oder einer bereits bestehenden Ohnmacht wirkt das Präparat genauso schnell und effektiv wie eine Injektion. Auch die Häufigkeit der Nebenwirkungen ist gleich einzuordnen. Selbst ungeschulte Helfer können mit dem Spray Glukagon schnell verabreichen. Die EU-Kommission hat Baqsimi®, dem ersten glukagonhaltigen Nasenspray, die Zulassung erteilt. Die Markteinführung ist noch in diesem Jahr geplant.
Neueste Forschungserkenntnisse zur Glukagon-Wirkung
Bei gesunden Menschen unterdrückt die Insulinausschüttung aus den Betazellen die Glukagon-Abgabe aus den Alphazellen der Bauchspeicheldrüse; diese Wechselwirkung lässt sich bei Diabetikern trotz Insulininjektion nicht erreichen. Das Hormon Glukagon wird trotz Insulingabe freigesetzt und hemmt die Wirkung des Insulins, weil es die Rückbildung von Glykogen in Glukose anregt. Aus diesem Grund sei es sinnvoll, den Glukagon-Rezeptor im Rahmen einer Diabetes-Therapie direkt zu blockieren, so Dr. Young H. Lee von der University of Texas in Dallas. Entsprechende Antikörper seien bereits in der Entwicklung und Versuche mit Tieren hätten eindeutige Ergebnisse erbracht.
Bei Mäusen mit Diabetes mellitus, deren Glukagon-Rezeptoren stillgelegt worden waren, konnte auch ohne Insulingabe ein normaler Nüchtern-Blutzuckerwert erreicht werden. Die hypoglykämischen Werte normalisierten sich und die Insulinsensitivität wurde erhöht. Demnach sei für die Diabetes-Therapie zu erwägen, eine Insulintherapie in niedriger Dosierung mit Glukagon-Rezeptorantagonisten zu kombinieren. Bis dieses Verfahren als Therapie bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 eingesetzt werden kann, sind allerdings noch eine Reihe weiterer Studien erforderlich.